Wie Bayerns Stille Tage Kultur und Nachtleben ausbremsen
Viermal im November heißt es in Bayern: Musik aus, Lichter an. Allerheiligen, Volkstrauertag, Buß- und Bettag sowie Totensonntag gelten als „Stille Tage“. Das Bayerische Feiertagsgesetz untersagt an ihnen Tanzveranstaltungen und jede Form von Unterhaltung, die „dem ernsten Charakter des Tages widerspricht“. Für Clubs, Bars und Co. bedeutet das eine Zwangspause. „Die Clubs müssen früher schließen oder nach Mitternacht die Tanzfläche räumen“, sagt der Bayreuther DJ Paul Platte. „Das ist nicht gut für die Kreativität der Szene.“
Auch Kultur betroffen
Auch Kulturveranstalter trifft das Verbot, dürfen doch auch bestimmte Comedyveranstaltungen und viele Konzerte an diesen Tagen nicht stattfinden. Was einst aus religiöser Tradition entstand, wirkt heute wie ein Relikt vergangener Zeiten. Nur noch ein Teil der Bevölkerung richtet sein Leben nach kirchlichen Regeln – doch die Einschränkungen gelten für alle.
Für viele ist das Tanzverbot kein Zeichen von Rücksicht, sondern von Bevormundung: Es nimmt Menschen das Recht, selbst zu entscheiden, wie sie ihre Freizeit gestalten. „Wir respektieren, wenn Menschen trauern oder gedenken wollen“, sagt Paul. „Aber genauso sollte respektiert werden, dass andere Kultur erleben oder tanzen möchten.“
Außer im deutschsprachigen Raum gibt es Tanzverbote fast nur noch in islamisch geprägten Ländern wie Saudi-Arabien oder Iran sowie auf Bali. Bleibt die Frage, ob eine moderne Gesellschaft eine gesetzlich verordnete Stille braucht oder ob man das Thema nicht der Eigenverantwortung überlassen sollte. –mk

