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Das heiße Eisen Nahverkehr

Mobilität ist ein Zukunftsthema. Ein herausforderndes obendrein, weil man das Thema zufriedenstellend nicht am grünen Tisch behandeln kann, sondern immer nur unter Bezugnahme auf den jeweiligen Verkehrsraum. Und da hat schon eine Stadt andere Nahverkehrs-Anforderungen wie eine Landkreisgemeinde. In den Städten gibt es meist gut funktionierende Busverkehre, während man in vielen umliegenden Gemeinden ohne Auto(s) häufig (noch) aufgeschmissen ist. Es braucht also in jedem Fall eine gute Vernetzung und Ergänzung der Verkehre.

Verkehrspolitik hat sich in den zurückliegenden Jahrzehnten immer zuvorderst an den Bedürfnissen der Autofahrer orientiert. Das sieht man besonders schön an der Stadt Bayreuth. Drinnen ein weitgehend verkehrsberuhigter Kern (dessen Realisierung einst leidenschaftliche Debatten mit düstersten Zukunftsprognosen der Art „Das überlebt der Handel nicht!“ vorausgegangen waren), drumherum ein breiter, insgesamt mindestens 4spuriger Ring, der für die Autofahrer bestens taugt und bequem zu den vielen oft mehrspurigen Ein- und Ausfallstraßen führt und in der Fortsetzung auch zur Autobahn. Voila, so sieht eine autogerechte Stadt aus!

Aber taugen Konzepte wie diese, die überall in Deutschland vorzufinden sind, auch für die Zukunft? Oder müssen wir da womöglich umdenken? Auch hier in Bayreuth?

Meine These ist, dass wir natürlich umdenken müssen, wenn wir eine sinnvolle Mobilitätswende wollen und gleichzeitig das Ziel vor Augen haben, dass eine Stadt ja nicht automatisch dann lebenswert ist, wenn sie breite Straßen hat, sondern wenn sie für möglichst viele Menschen lebenswert ist. Wenn Räume, die von Autos beansprucht werden, zurückgewonnen werden für die Menschen. Wenn neue Plätze entstehen sollen, Orte der Begegnung, Spielorte, Quartiere, die mehr Miteinander zulassen. Wenn man überall in der Stadt auch mit dem Rad gut vorankommt. In Berlin ist die Debatte um einen Rückbau der autogerechten Stadt längst entbrannt, wie man an einem Bericht des „Tagesspiegel“ unter der Überschrift „Weniger Tunnel und Fahrstreifen, mehr Boulevards und Bäume“  sieht. Ein anderes Beispiel ist St. Gallen in der Schweiz. Dort hat die Stadt folgende Leitlinie ausgegeben: „St. Gallen strebt einen stadtgerechten Verkehr und keine verkehrsgerechte Stadt an. Der städtische Verkehr hat sich den Bedürfnissen der Stadt als Ganzes unterzuordnen. In diesem Sinne werden der öffentliche Verkehr sowie der sogenannte Langsamverkehr gefördert.“

Und ja, das bringt auf lange Sicht zwangsläufig einen Verlust an Verkehrsfläche vor allem für Autofahrer mit sich. Weil die Autofahrer aktuell nun mal die meisten Verkehrsflächen für sich beanspruchen. Fürs Fahren, fürs Halten und fürs Parken. Und weil wir heute noch vielfach der Ansicht sind, dass es ohne Auto nicht gehen wird.
Aber die Gesellschaft befindet sich mitten in einem radikalen Wandel – ausgelöst auch und vor allem durch die Notwendigkeit des Klimawandels. Immer mehr junge Menschen (in den Städten) sehen das Auto längst nicht mehr als Statussymbol an, das es mal war, sondern als notwendiges Übel. Ihnen sind Umweltaspekte und soziale Vernetzung wichtiger als der Besitz eines Autos. Und wenn das so ist und insbesondere Städte diesen Wandel nachhaltig unterstützen oder sogar voranbringen wollen, dann müssen sich auch Verkehrsräume verändern. Dann reicht es eben nicht mehr aus, einen vierspurigen Innenstadtring und fette Ein- und Ausfallstraßen zu haben, sondern dann muss man auch Konzepte entwickeln, wie Busse schneller vorankommen und Radfahrer und Fußgänger schnell und sicher und bequem ans Ziel kommen. Dann muss man über Anknüpfungspunkte an den Regionalverkehr, über einen Ausbau des ÖPNV und sinnvolle Park&Ride-Einrichtungen nachdenken, die es den Menschen ermöglichen, nicht immer in die Stadt fahren zu müssen, sondern alternativ auch den Bus oder das Rad im Alltag zu benutzen. Wichtig: Es geht nicht um Verbote, sondern darum, durch geeignete Maßnahmen Alternativen zu schaffen.

Zukunftsmusik? Mag sein. Aber die Weichen dafür gilt es nicht irgendwann in der Zukunft zu stellen, sondern heute. Insofern ist beispielsweise der geplante Umbau der Bismarckstraße und der Erlanger Straße eine Chance für Bayreuth, das Morgen heute schon mitzudenken und zu gestalten. Der Bauausschuss des Stadtrats hat das Thema bereits andiskutiert, in Kürze wird die Diskussion den Stadtrat erreichen – und in der Folge natürlich die Bürgerinnen und Bürger. Man braucht kein Prophet zu sein um zu konstatieren, dass dieses Thema die Stadt und die Menschen herausfordern wird. Die einen werden monieren, dass ein Rückbau der Straßen zugunsten des Rad- und Fußverkehrs nie und nimmer machbar wäre und zu zusätzlichen und erheblichen Staus führen würde und deshalb sinnlos sei. Die anderen werden argumentieren, dass es eine bessere Verteilung im Stadtverkehr brauche und die Schaffung guter und sicherer Radwege erst die Voraussetzungen dafür bieten werde, dass immer mehr Menschen umsteigen und aus Überzeugung und praktischen Erwägungen heraus das Rad für den Weg zur Arbeit oder für die Freizeitgestaltung benutzen werden. Diese Debatte ist notwendig und wichtig. Weil wir diese Themen diskutieren wollen und müssen. Auch in Bayreuth. 

Ich würde mir nur wünschen, dass wir alle dazu beitragen, dass eine solche Diskussion, die sich vermutlich sehr lange hinziehen wird, einigermaßen gesittet abläuft. Ohne üble gegenseitige Vorhaltungen, ohne pauschale Feindbilder, verbale Schlachten in den sozialen Medien und gestützt nicht etwa (allein) auf das Bauchgefühl, sondern vor allem auf Fakten, Erkenntnisse und verlässliche Prognosen. Die einer möglichst großen Zahl von Menschen zugänglich zu machen, ist Aufgabe der Stadt. Am Ende geht es nicht darum, wer in welchem Bereich Recht behält, sondern darum, gemeinsam die beste Zukunftslösung für die Stadt zu entwickeln.

Von Gert Dieter Meier

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