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Wir müssen reden… (1/2)

Reden darüber, wie es weitergehen soll, wenn immer mehr Menschen gegen das Coronavirus geimpft sein werden. Soll dann alles für alle so weiter gehen wie bisher? Sollen Geimpfte und Ungeimpfte gleichbehandelt werden? Oder sollen dann denen, die geimpft sind, Vorteile aus der Impfung  erwachsen, indem sie schneller und früher zurückkehren dürfen in die Normalität? Diese Debatte, davon bin ich überzeugt, wird in den nächsten Wochen und Monaten noch für richtig viel Gesprächsstoff sorgen.

Ich habe da eine klare Meinung: 
Sobald feststeht und nachgewiesen werden kann, dass von Menschen, die gegen Corona geimpft sind, keine Gefahr mehr für ihre Mitmenschen ausgeht, muss man diesem Umstand Rechnung tragen. Na klar, dann sollen diese Menschen früher zurückkehren in die neue Normalität! 
Warum sollte ein Restaurant, in dem alle Angestellten nachweislich geimpft sind, nicht für Gäste öffnen dürfen, die ihrerseits geimpft sind? Warum sollen Geimpfte nicht zur Schule gehen, nicht wieder ins Fitnessstudio dürfen, auf einer Bühne auftreten? Warum sollen Geimpfte nicht, ohne Maske, Bars aufsuchen oder Cafés besuchen dürfen, während andere dort noch Masken tragen müssen? Warum soll eine Fluggesellschaft nicht Plätze im Flieger verkaufen an Menschen, von denen keine Gefahr ausgeht? Warum sollte ein ausländischer Staat Einreisebeschränkungen aufrechterhalten, wenn die Einwohner dieses Staates nachweisen können, dass sie „safe“ sind? Nein, in meinen Augen wären das kaum nachvollziehbare und vor allem: grundlose Beschneidungen, die wohl jedes Gericht schnell kassieren würde. 

Niemand muss sich impfen lassen. Aber jeder, der sich nicht impfen lässt, muss im Zweifel damit rechnen, dass er Nachteile gegenüber denen haben könnte, die sich impfen lassen – und seien es nur Themen wie Verlängerungen bei Abstandsregelungen, Maskenpflicht, Quarantäne nach Urlaubsreisen etc. Wobei ich fest davon ausgehe, dass Impfgegner, die sich gegenüber Geimpften im Nachteil wähnen, die Gerichte anrufen werden. Genau wie Menschen, die eine Impfung hingenommen haben, klagen werden, wenn man ihnen ohne jede wissenschaftliche Begründung Dinge abverlangen würde, die sie nicht länger betreffen. Was das bedeutet? Dass am Ende mit großer Wahrscheinlichkeit die Gerichte entscheiden dürften, ob eine Bevorzugung von Geimpften machbar ist oder nicht.

Und bis dahin?

Bis es soweit ist, bis also die Bevölkerungsmehrheit geimpft sein und feststehend wird, ob von diesen Menschen keine Gefahr mehr für die Mitmenschen ausgeht, wird noch einige Zeit ins Land gehen. Und es wird uns allen nichts anderes übrigbleiben, als an die Vernunft zu appellieren.

Das nervt!

Na klar, das alles nervt ohne Ende. Abstand allüberall. Maske in der Innenstadt. Ausgangssperre abends. Kneipen, Clubs und Restaurants dicht, die meisten Geschäfte zu. Kein Kino, kein Fitnessstudio, kein Live-Basketball in der Halle. Besuchszeiten in Heimen? Nur nach negativer Testung. Urlaub, Bücherei und ein Espresso im Lieblingscafé ­– alles Zukunftsmusik. Schule daheim nervt, übrigens längst nicht nur die Schüler. Homeoffice ist auch nicht jedermanns Sache. Die Veranstaltungskalender sind leergefegt, Kultur findet nicht statt.

Die Sofa-Besserwisser

Die Ungeduld und das allgemeine Unbehagen wachsen derzeit fast so stark wie das Virus selbst. Keiner will mehr warten, jeder mehr lockern. Bekannte, denen man das so nie zugetraut hätte, hängen plötzlich kruden Verschwörungstheorien nach. Leute, die sonst nie sonderlich aufgefallen sind, entwickeln sich plötzlich zu selbsternannten Experten und zu (nun wirklich nicht ernst zu nehmenden) Sidekicks namhafter Virologen. Zuhause, auf dem Sofa, wissen sie alles und alles besser. Und Politiker werden mehr denn je geschmäht, verlacht oder auch beleidigt. Folge: Ich habe noch nie so viele Freunde auf Facebook gelöscht oder verstummen lassen. Dummdreistes Geschwätz langweilt mich. 

Zum Wohle aller

Die Corona-Pandemie fordert uns also auch weiterhin heraus. Als Land, aber auch als Stadt. Als Gesellschaft, aber auch als Individuum. Nichts ist mehr, wie es mal war. Scheinbare Selbstverständlichkeiten gehen mitunter über Nacht verloren, liebgewonnene Gepflogenheiten werden gestrichen oder zumindest erschwert. Und Freiheiten – ja: auch die! ­– werden teils beschnitten. Allerdings nicht zum Ausbau der Machtfülle einiger weniger, sondern zum Wohle aller.

In der Blase braut sich was zusammen

Die Menschen reagieren höchst unterschiedlich auf die Krise. Die Vernünftigen ordnen sich in vollem Bewusstsein den Regulierungsmaßnahmen unter. Sie folgen brav jeder Regelung, Auflage oder Untersagung, obwohl sie durchaus wissen oder wenigstens spüren, dass längst nicht alles schlüssig oder gar richtig ist, was die Merkels oder Söders „da oben“ verfügen und die Ebersbergers und Wiedemanns „da unten“ verfügen oder durchsetzen müssen. Die anderen bekommen schon Schnappatmung, wenn sie nur das Wort Corona hören. Bei jeder neuen, noch dazu schlechten Nachricht verdammen sie die vermeintliche Dummheit der Macher, deren Unfähigkeit, das Land gemeinsam und entschlossen aus der Krise zu führen. Mit jeder Talkshow (und davon gibt es in diesen Zeiten scheinbar unendlich viele), mit jeder Expertenrunde, mit jedem Ministertreff steigt ihr Wutpegel und ihr Unverständnis, während ihre Bereitschaft, Ruhe zu bewahren, mit gleichem Tempo abnimmt. Da braut sich also was zusammen. Was schon deshalb nicht verwundert, weil gerade Corona-Kritiker sich häufig in einer Blase bewegen, die Wissenschaftsmeinung und Vernunft nur zu gerne ausblendet.

Zur Person
Gert-Dieter Meier (64) ist seit mehr als 35 Jahren Journalist ­– vor allem im Bereich Kommunalpolitik und Kultur – unterwegs. Seit 1. Mai gehört er als Unabhängiger dem Bayreuther Stadtrat an. Für bayreuth4U beleuchtet Meier in seiner monatlichen Kolumne das Geschehen in Bayreuth.

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