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Interview: FIVAs Ponyhof

Ob Rap, Poetry-Slam oder Moderation – seit Mitte der 90er-Jahre macht Nina Sonnenberg alias FIVA immer das, worauf sie gerade Bock hat. Dass ihr die Realness dabei immer wichtiger war als der Ausverkauf, ist nur einer der Gründe, warum sie auch nach 20 Jahren noch zu den erfolgreichsten Hip-Hop-Acts des Landes zählt. Am 19. Oktober macht FIVA mit ihrer Band im Rahmen des Kneipenfestivals in Bayreuth Station. bayreuth4U hat sich vorab mit ihr über ihr Bühnenjubiläum, die deutsche Radiolandschaft und Sexismus im Deutschrap unterhalten.

bayreuth4U: Du feierst in diesem Jahr dein 20-jähriges Bühnenjubiläum. Fühlst du dich mittlerweile als Veteranin der Hip-Hop-Szene?

FIVA: Das Wort Veteranin klingt ein wenig so, als hätte ich oder sich etwas überlebt. Ich fühle mich zum Glück noch sehr lebendig. Ich bin jetzt seit 20 Jahren Teil der Musikszene, und ich hoffe da kommen noch ein paar Jahre dazu. Wichtig war für mich, im Kopf nicht stehen oder hängen zu bleiben. Für jedes Album habe ich mir tolle Musiker und Musikerinnen für die Zusammenarbeit gesucht, die mich wieder neu inspiriert und beeinflusst haben. Wie dieses mal das Produzenten-Team c.o.w. (Antilopen Gang) und David Raddisch (Moop Mama). Es macht Spaß, sich immer wieder auf neue Leute einzulassen, wenn es auch immer eine Herausforderung ist. Es fühlt sich immer wieder wie ein Neubeginn an, und lässt einen selten über die lange Zeit nachdenken, die man schon dabei ist.

bayreuth4U: Am Anfang deiner Karriere nanntest du dich noch FIVA MC, jetzt bist du nur noch als FIVA unterwegs. Warum musste das „MC“ irgendwann weichen?

FIVA: Dafür gibt es keinen spezifischen Grund. Ich bin nach wie vor MC. Und irgendwann empfand ich den Titel im Namen als nicht mehr notwendig.

bayreuth4U: Hat es in der Hip-Hop-Szene Vor- oder Nachteile, als eine von nur wenigen Rapperinnen am Start zu sein? Was löst es in dir aus, die nicht selten sexistischen Texte männlicher Kollegen zu hören?

FIVA: Jede Form von Sexismus ist abscheulich, und gehört bekämpft. Ich habe mir nie einen Gedanken gemacht, welche Vor- oder Nachteile es hat, dass ich eine Frau bin. Solche Fragen kommen immer nur von außen. Ich habe auch noch nie gehört, dass man einen Mann fragt, ob er es für einen Vor- oder Nachteil hält, dass er ein Mann ist. Ich persönlich hatte so gut wie noch nie einen respektlosen Vorfall in den letzten 20 Jahren. Den (leider noch) vielen sexistischen Texten mancher Kollegen, setze ich meine Musik und mein künstlerisches Schaffen gegenüber. Ich biete den Hörerinnen und Hörern eine Alternative, eine andere Art Rap zu hören. Und hoffe, dass auch die Veranstalter und Veranstalterinnen mit der Zeit langsam mal drauf kommen, dass solche Inhalte keinen Platz auf ihren Bühnen haben bzw. haben sollten.

bayreuth4U: Ab 2016 warst du mit der Jazzrausch Bigband unterwegs. Wie war es, mit so einer großen Band zusammenzuarbeiten?

FIVA: Ich hatte mir immer gewünscht mit einer Big Band zu spielen. Herrlich war es. Was für ein großer Moment, mit 20 Musikern und Musikerinnen auf der Bühne zu stehen. Es hat wahnsinnig viel Spaß gemacht. Jetzt sind wir nur vier Personen. Das bedeutet manchmal auch mehr Freiheit auf der Bühne, da wir viel spontaner reagieren können. Aber ich hoffe trotzdem, dass sich die Wege nochmal kreuzen.

bayreuth4U: Du moderierst nebenbei beim hochgelobten österreichischen Ju- gendsender FM4 die Sendung „Fivas Ponyhof“. Warum gibt es deiner Ansicht nach kein vergleichbares landesweites Format in Deutschland?

FIVA: Ach, da müssten wir jetzt Stunden reden. Es ist schon von den Rundfunk- anstalten ganz anders aufgeteilt hier in Deutschland. Jedes Bundesland hat seine eigenen Rundfunkanstalt. Alles ist dadurch regionaler. Dadurch hat je- des Bundesland auch sein eigenes Jugendradio. Das hat wie alles Vor- und Nachteile. Da der Druck von den Anstalten trotz öffentlich rechtlichen Finanzierungsmodell sehr hoch ist, bleibt vielen Kollegen und Kolleginnen nicht die Zeit, einen eigenen Sound zu etablieren und Sendungen zu erschaffen, die vielleicht erst einmal ein wenig gewöhnungsbedürftig sind. FM4 hatte da ein Riesenglück, eine unglaubliche Chance. Aber es gibt auch wunderbare, innovative tolle Sendungen in Deutschland. Man muss nur suchen.

bayreuth4U: In der Single „Gönn Dir“ mit Granada ratet ihr dazu, sich ab und zu mal Ruhe zu gönnen. Wie entspannst du am besten auf Tour?

FIVA: Schon alleine aus dem Alltag rausgerissen zu werden ist sehr entspannend. Und das Livespielen gibt Energie. Dazwischen Lesen und Sport – bester Urlaub!

bayreuth4U: Dein neues Album, das am 25.10. erscheint, hast du auf den Namen „Nina“ getauft. Was darf man erwarten?

FIVA: Nachdem ich mit der Big Band eher eine Art Best-of-Album herausgebracht habe, ist das nach fünf Jahren wieder eine Platte mit komplett neuen Nummern. Natürlich ist in diesen Jahren viel passiert, und ich habe das Leben mal von neuen, schönen, schrecklichen und abenteuerlichen Seiten kennen gelernt. All diese Eindrücke habe ich in den Songs verarbeitet, in dem tiefen Wissen, dass viele meiner Hörer und Hörerinnen Ähnliches nur anders erlebt haben. Ich hoffe, viele können sich darin wieder finden und etwas mitnehmen.

bayreuth4U: Du hast bereits 2003 in Bayreuth beim Kneipenfestival gespielt – damals mit DJ Radrum in der Rosenau. Hast du noch Erinnerungen daran?

FIVA: Das ist natürlich sehr lange her, und ich bin wahnsinnig froh, dass ich diese schönen Erinnerungen jetzt wieder auffrischen kann. Das Kneipenfestival in Bayreuth hat mich damals schon überrascht, weil es im ersten Moment eher wie ein Bar-Trink-Abend mit Musik klang – also vom Titel her. Aber die Musik steht dort so sehr im Mittelpunkt, die Menschen waren offen und super interessiert. Es hat Spaß gemacht und ich freue mich sehr auf dieses Mal!

FIVA live in Bayreuth: 19.10. – Das Zentrum. Tickets und Infos unter www.kneipenfestival-bayreuth.de

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