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Wurst und Wagner, Weizen und Welterbe

Der Tourismus boomt in Bayreuth – erstmals mehr als 500.000 Übernachtungen pro Jahr

Von Gert Dieter Meier

Wofür steht Bayreuth? Für Wagner? Den Sport? Als Synonym für ein verschlafenes, wenn auch liebenswertes Provinzstädtla? Oder doch eher als Stadt innovativer Forschung? Immer häufiger wird es wohl eine Melange von alledem sein, die die Menschen in den Norden Bayerns lockt. Fakt jedenfalls ist, dass die Bayreuther Tourismusexperten weiter mit Genugtuung die aktuellen Beherbergungsstatistiken analysieren. Danach wird die 2009 gegründete Bayreuth Marketing und Tourismus GmbH (BMTG) in diesem Jahr erstmals eine Traummarke durchbrechen. BMTG-Geschäftsführer Dr. Manuel Becher kürzlich vor dem Kulturausschuss des Stadtrats: „Für das Jahr 2023 werden erstmals über 500.000 Übernachtungen erwartet. Bis einschließlich September liegen die Übernachtungszahlen 12,9 % über dem Vorjahr.“ Und weiter: Insgesamt gab es im September (gegenüber September 2022) ein Plus von 6,9 % bei den Ankünften und von 3,3 % bei den Übernachtungen. Bezogen auf die ersten neun Monate verbuchte die BMTG exakt 183.396 Ankünfte und 398.056 Übernachtungen (+18,9 % bei den Ankünften und +12,9 % bei den Übernachtungen).

Damit können die Touristiker weit über Durchschnitt punkten:
• Die Gästeankünfte haben sich in Bayreuth bis 2019 um 25 % verbessert, während der Durchschnitt der übrigen Städte bei 16 % liegt. Weimar hatte 2019 mit dem Bauhausjubiläum eine Sonderkonjunktur.
• Bayreuth hat als einzige der betrachteten Städte im Jahr 2022 die Übernachtungszahl von 2019 übertroffen.

Amerika first

Die überwiegende Mehrzahl der Bayreuth-Besucher kommt aus Deutschland ¬– nämlich 84,5 Prozent. Die meisten ausländischen Gäste (Gesamtanteil 15,5 %) kamen in den ersten neun Monaten des Jahres aus den USA (5.583 Übernachtungen), gefolgt von den Österreichern (5.389 Übernachtungen) und den Schweizern (5.205 Übernachtungen). Auf den weiteren Plätzen folgen Polen (4.456) und Dänemark (4.256).

Bayreuth in 2,2 Tagen erleben

Berücksichtigt man nun, dass die durchschnittliche Dauer eines Haupturlaubs von deutschen Reisenden nach Angaben des Portals „Statista“ bei rund 13 Tagen lag, dann kann man daraus schließen, dass Bayreuth da nur einen kleinen Teil des Tourismus-Kuchens abbekommt. Das freilich ist kein Bayreuth-Spezifikum. Allerdings gibt es da noch eine andere Zahl, die Statista ermittelt hat. Danach haben sich die Deutschen in 2022 rund 51 Millionen Kurzurlaubsreisen (2 bis 4 Tage) gegönnt. Und vor allem von diesem Kuchen profitiert Bayreuth offenbar gehörig. Die Stadt beziffert die durchschnittliche Aufenthaltsdauer der Bayreuth-Besucher übrigens auf 2,2 Tage – das ist der exakt gleiche Durchschnittswert, den auch die Hauptstadt für ihre Besucher ausweist.

Die Highlights

Das „Produkt Bayreuth“ wird immer besser, weil die touristisch interessanten Highlights in den zurückliegenden Jahren deutlich attraktiver geworden sind. Zu den absoluten Pluspunkten zählen demnach vor allem diese Aspekte:
Thema Barock: Da kann Bayreuth zunächst und vor allem mit dem Welterbe-Prachtstück Markgräfliches Opernhaus punkten, das in dieser Form und in dem Zustand nach der jahrelangen Sanierung einzigartig ist. Obendrein liefert das neue Opernhaus-Museum noch viele zusätzliche Gründe, um Bayreuth und die Welt des Barocks zu erkunden.
Thema Bier: Bekannt ist ja, dass Bayreuth mit seiner gewachsenen Brauhistorie als Stadt des Bieres eingebettet ist in die Genussregion Oberfranken, die auch bekannt ist für unzählige Wurst- und Brotspezialitäten. Seit kurzem aber lockt die Stadt auch junge Kunden mit dem Thema Bier an. Maisel & Friends haben rund um die Brauerei Maisel, die insbesondere für ihre Weißbierspezialitäten bekannt war und ist, auf dem Liebesbierareal einen neuen Bier-Erlebnisort geschaffen, der jung und hip daherkommt und damit eine neue Szene anspricht. Dort kann man nicht nur Craftbiere in fast jeder gewünschten Note erleben, regionale Köstlichkeiten entdecken oder auch Kaffeevielfalt probieren, sondern obendrein eintauchen in die Welt der urban Art. Das Liebesbier-Hotel ist gespickt mit spannenden Kunstwerken von weltweit anerkannten Künstlern, die eigens für den Standort Bayreuth Arbeiten produziert haben, die nun die Zimmer und die Aufenthaltsräume des Hotels zieren. Das Hotel gilt für viele längst als Geheimtipp für herausragendes Hoteldesign.
Thema Richard Wagner: Ja, Wagner und Bayreuth gehören eng zusammen. Weshalb das Festspielhaus und das einstige Wohnhaus des Komponisten seit langem feste Anlaufpunkte für Gäste aus dem In- und Ausland sind. Das Richard Wagner Museum gehört speziell nach der aufwändigen Neuausrichtung und dem Anbau durch das Berliner Büro des renommierten Architekten Volker Staab zu den Top-Anlaufpunkten der Bayreuth-Besucher; daneben gibt es einen Wagnerspaziergang (Walk of Wagner) und Führungen durchs Festspielhaus (beides durch BMTG) und natürlich, vor allem im Sommer, Wagner in (fast) allen Variationen – von Konzerten über Lesungen oder Theateradaptionen und Workshops bis hin zu Wagner-Pralinen oder Marionettenaufführungen.
Und sonst? Selbstredend lohnt es sich auch, die Welt der Wilhelmine zu erkunden, die prächtigen Parks der Stadt zu besuchen oder sich dem Dichter und Denker Jean Paul in seiner geliebten Wahlheimat Bayreuth anzunähern. Oder eines der (Wellness-)Angebote der Gesundheitsregion zu goutieren.

Die 4 Ws

Die Bayreuth Marketing und Tourismus GmbH setzt in ihren Kampagnen folgerichtig auf den Buchstaben
W wie die Welt der Wilhelmine
W wie Wagner und Wahnfried
W wie Wurst und Weizen
W wie Wellness
Abseits dieser touristischen Eckpunkte setzen die Touristiker immer stärker auf die Aspekte Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Warum? Weil das von den großen Buchungsplattformen und auch von einer stetig steigenden Zahl von Gästen immer stärker eingefordert werde. Und der Einsatz im Tourismusmarketing einfach Sinn mache, so Manuel Becher. So hatte die BMTG unlängst bei einem Reiseveranstalterworkshop der fränkischen Städte in Wien als einzige Destination eine Virtual-Reality-Brille im Einsatz, mit der man sich einen realen Eindruck des Markgräflichen Opernhauses verschaffen kann. Kopfkino soll also Touristen anlocken – schöne neue Welt.

Bayreuth ist auf einem guten Weg. Weil die Stadt weltoffen ist. Weil auch der Einzelhandel sich kräftig ins Zeug legt, weil Bayreuth und seine Unternehmen/Unternehmer eine Fülle erstklassiger Arbeitsplätze zu bieten haben, die die Stadt mit vergleichsweise günstigen Lebenshaltungskosten attraktiv und stark machen. Weil die Menschen es verstehen, Feste zu feiern. Und weil die Universität der einstmals verschlafenen Provinzstadt zunehmend ein frischeres, jüngeres Image verleihen. Das spürt man. Schon bei einem kurzen Abstecher nach BT. Aber erst recht dann, wenn man hier wohnt und lebt.

Sie haben eine Anmerkung zu diesem Beitrag oder eine ganz andere Meinung – schreiben Sie mir gerne eine Mail an gdmeier@web.de.

Zur Person
Gert Dieter Meier ist seit rund 40 Jahren Journalist ¬- und vor allem in den Bereichen Kommunalpolitik und Kultur unterwegs. Seit 2020 gehört er als Unabhängiger dem Bayreuther Stadtrat an; er ist dort auch Tourismus-Pfleger. Für Bayreuth 4U beleuchtet Meier, der im Stadtverkehr so oft es geht das Fahrrad benutzt, aber natürlich auch Autofahrer ist, in seiner monatlichen Online-Kolumne „Stadtparkett“ das Geschehen in Bayreuth.

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