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Sex, Met & Rock‘n‘Roll

Feuerschwanz im Interview

Während der Corona-Pandemie startete die Erlanger Mittelalter-Band Feuerschwanz mit einer geballten Ladung Folk-Metal voll durch. Am 11. Juli ist die Gruppe im Rahmen des Plassenburg Open Air live zu erleben. Wir sprachen vorab mit ihrem Anführer Hauptmann Feuerschwanz.

bayreuth4U: Mitten in der Pandemie habt ihr mit „Memento Mori“ euer erstes Nummer-1-Album abgeliefert. Wie habt ihr diese Zeit erlebt?

Hauptmann: Natürlich haben wir uns die Pandemie nicht gewünscht und hätten unser Album gerne in einer belebteren Zeit abgeliefert. Als Musiker gehören wir zu den Berufsgruppen, die weniger beachtet wurden – nochmal ein herzliches Dankeschön an alle Menschen, die in dieser Zeit Verantwortung trugen und uns Künstler komplett übersehen haben. Stattdessen haben wir uns mit unseren Fans durch moderne Kommunikationsmittel connectet. So haben wir zur Veröffentlichung von „Das elfte Gebot“ ein Strea-ming-Konzert veranstaltet, das den Release gerettet hat. Auch bei „Memento Mori“ fand nochmal ein solches Konzert statt – mit diesem Album dann noch die Nummer 1 zu werden, war natürlich die Krönung.

bayreuth4U: Sind Streaming-Konzerte überhaupt mit echten Live-Auftritten vergleichbar?

Hauptmann: Vergleichbar ist das natürlich Null Komma Null (lacht). Trotzdem war es eine neue Erfahrung – das Wasser, in das wir uns damit gestürzt haben, war allerdings eiskalt. Als Künstler ist es sehr schwer, ohne Publikum zu performen. Aber auch daran kann man sich gewöhnen.

bayreuth4U: Begonnen hat eure Karriere vor knapp 20 Jahren als Parodieband mit „Mittelalter Folk Comedy“. Wie kam es dazu?

Hauptmann: Ich war damals sehr begeistert von der Mittelalter-Folk-Rock-Szene. Da gibt es nette Menschen, die selbstgemachte Musik machen, die zudem eine Wurzelverbindung mit unserer Vergangenheit hat, was mich schon immer fasziniert hat. Auch deutsche Texte haben mich schon immer angesprochen. Allerdings war mir die Szene zu langweilig. Da wurde zu wenig gelacht und zu wenig Party gemacht. Dann habe ich Feuerschwanz gegründet, um der Szene ein bisschen mehr gute Laune zu bringen. Ich habe das nicht mehr mit ansehen können, die ganzen Stöcke im Arsch. Natürlich haben wir polarisiert, die einen fanden uns lustig, andere haben gekotzt. Dass sich manche so aufgeregt haben, fand ich wiederum lustig.

bayreuth4U: Mit J.B.O. und euch gibt es gleich mehrere Bands aus Erlangen, für die der Humor im Vordergrund steht. Macht’s der gute Met vom Berg?

Hauptmann: Ja, wahrscheinlich ist der Berg an allem schuld. Erlangen ist so eine typische Stadt, wo viel Potenzial brach liegt. Der Berg bringt das ganze dann in Wallung, wodurch zwei super Konzepte entstanden. Natürlich habe ich mir von J.B.O. ein bisschen was abgeschaut, weil die in den 90er-Jahren superfantastisch erfolgreich waren. Wir von Feuerschwanz sind in unserer Entwicklung aber noch weiter gegangen, sodass wir jetzt deepere Bereiche ansprechen und Themen wie Tod und Sterben aufnehmen. Dabei haben wir den Party-Faktor selbstverständlich nicht vergessen, uns aber eben im Laufe der Zeit erweitert.

bayreuth4U: In den ersten Jahren eurer Bandgeschichte waren eure Themen in der Tat nicht selten unter der Gürtellinie angesiedelt. Sex & Met & Rock‘n‘Roll.

Hauptmann: Yes! 

bayreuth4U: Mittlerweile finden sich bei euch auch ernsthaftere Songs. Hört für dich als Hauptmann irgendwo auch mal der Spaß auf?

Hauptmann: Nein, der wird nie aufhören. Allerdings sind wir eine sehr gewachsene Band, wir haben viel miteinander erlebt. Beispielsweise ist letztes Jahr mein Vater verstorben. Klar, dass mir deshalb auf manchem Sommer-Festival nicht nur nach Feiern zumute war. In Liedern wie „Herz eines Drachen“ versuchen wir, solche Erlebnisse zu verarbeiten und so mit unseren Fans Freud und Leid zu teilen. Dadurch haben wir übrigens auch den Metal für uns entdeckt, weil du da krassere Gefühle einbauen kannst.

bayreuth4U: Man hat in den letzten Jahren definitiv gemerkt, dass eure Musik härter wurde und ihr nun auch Einflüsse von Power- oder Folk-Metal aufweist. Bedarf es in harten Zeiten auch eher harter Musik?

Hauptmann: Als ob wir es geahnt hätten, haben wir uns genau im Album vor der Pandemie erstmals der härteren Musik zugewendet. Als dann der große Schlag kam, hat harte Musik mehr geholfen.

bayreuth4U: Kommen wir zu eurem aktuellen Album „Todsünden“, das ein breites Spektrum an Cover-Songs enthält. Stimmt es, dass durch das ABBA-Cover von „Gimme! Grimme! Gimme!“ eine verlorenen Wette eingelöst wurde?

Hauptmann: Im Release-Stream zu „Memento Mori“ haben wir erklärt, dass wir, wenn wir auf Eins gehen, ein Cover zu ABBA machen, das wäre sonst so nicht passiert. Interessanterweise ist genau das nun eine unserer erfolgreichsten Cover-Versionen. Wir konnten uns damals selbst nicht vorstellen, dass es gut klingt, wenn man ABBA mit Folk-Metal kombiniert. Aus einer Wettschuld wurde so ein erfolgreicher Song.

bayreuth4U: Was hat euch dazu bewegt, nach dem Erfolg von „Memento Mori“ nun erstmals ein komplettes Cover-Album abzuliefern?

Hauptmann: Da war zum einen die wirklich gute Rückmeldung der Fans, besonders im internationalen Bereich. Für uns als deutschsprachige Metal-Band ist das ja wirklich Neuland, dass sich international so viele Menschen für uns interessieren. Das Album soll durch das Soundbild weltbekannter Hits einfach das Feuerschwanz-Universum und unsere Fähigkeiten in voller, epischer Breite aufzeigen. Es ist eine Art Geschenk an die Fans, wobei wir natürlich auch davon profitieren, dass diese uns die Stange halten und das Produkt kaufen. Wir sind nach wie vor auf ihre Unterstützung angewiesen. Die Pandemie mag vorbei sein, für uns Musiker ist aber ein dickes Loch entstanden. Das macht „Todsünden“ zu einer Art Geben und Nehmen.

bayreuth4U: Dieses Jahr geht es nach Corona endlich wieder auf Tour. Während der Pandemie sind viele Menschen erstmalig auf euch aufmerksam geworden. Wie würdest du jemanden, der noch nie auf einem Konzert von euch war, das Prinzip einer Feuerschwanz-Show erklären?

Hauptmann:  Das ist durch unseren Song „Dragostea Din Tei“ ganz gut beschrieben. Der liebe neue Fan kann sich vorstellen, dass partywütige Wikinger ihr Boot besteigen und nach Mallorca rudern, um dort eine epische Folk-Metal-Party zu starten. Hin und wieder gibt’s auch ne Ballade zum Weinen.

Feuerschwanz kommen am 11.7. auf die Plassenburg in Kulmbach. Tickets zur Veranstaltung gibt es hier.

Das Interview führte Joshua Machowetz.

Foto: Nikolaj Georgiew

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